Liebe Eltern,
viele von Ihnen waren früher selbst nicht auf einer integrierten Gesamtschule (IGS). Natürlich haben Sie von dieser Schulform gehört, kennen vielleicht jemanden, der seine Kinder auf einer solchen Schule hat, aber was genau bedeutet IGS? Und was ist der Unterschied zum gegliederten Schulsystem, also zum Gymnasium, zur Realschule, zur Hauptschule?
Im Folgenden versuchen wir Ihnen die wichtigsten Punkte kurz zu erklären:
Gemeinsam Lernen
Ähnlich wie in der Grundschule lernen alle Kinder gemeinsam in einer Klasse. Sie lernen voneinander und erfahren so eine bereichernde Vielfalt. Für den Unterricht bedeutet das, dass sie zusammen arbeiten, sich gegenseitig zuhören, miteinander klarkommen (müssen) und mit gemeinsamen (Schul-)Themen beschäftigt sind.
Es bedeutet aber nicht, dass immer alle gleichzeitig das Gleiche machen. Es gibt immer wieder unterschiedliche Lernangebote. So lernen die Schülerinnen und Schüler sich selbst einzuschätzen, an ihren Schwächen zu arbeiten und ihre Stärken zu kennen und auszubauen.
Darum gibt es an IGS’sen auch kein „Sitzenbleiben“. Diese Form der Zurückstufung ist insgesamt immer wieder in der Kritik, erfahrungsgemäß liegt es meistens an der Lernhaltung, an Motivation, an der Arbeitsweise. Eine reine Rückstufung ändert an alldem nichts. Darum werden an IGS’sen die Kinder mit individuellen Förderplänen, in Lernberatungsgesprächen, durch Förderkurse und mit unterschiedlichen Materialien und Inhalten so gefördert, dass jede und jeder den für ihn bestmöglichen Schulabschluss schaffen kann.
Anders als im gegliederten Schulsystem ist es an IGS’sen nicht möglich, Kinder, die „rausfallen“ auszusortieren, z.B. die „zu Guten“ ins Gymnasium, die „zu Schlechten“ in die Realschule, Hauptschule oder gar auf die Förderschule. Diese Grundvoraussetzung erzeugt ein völlig anderes gemeinsames Lernen und Arbeiten bei den Schülerinnen und Schülern aber auch bei den Lehrerinnen und Lehrern, die die Verantwortung für „ihre“ Kinder für einen längeren Zeitraum übernehmen müssen. Es geht nicht darum, herauszufiltern sondern darum, zu integrieren.
Individualität und Vielfalt
Wir sind an IGS’sen überzeugt, dass jede einzelne Person zählt, dass Unterschiede von Vorteil für die Gemeinschaft sind, dass jedes Kind eine Persönlichkeit ist, die als solche wahrgenommen und ernst genommen werden möchte. Nur ein Mensch, der sich sicher und angenommen fühlt, ist in der Lage gut zu lernen und sich gesund zu entwickeln. Somit ergibt sich auch, dass das Thema Inklusion weit über die reine Aufnahme von behinderten Schüler_innen in die Regelschule hinausgeht.
Rolle des Lehrers / der Lehrerin
An einer IGS begleiten die Lehrerinnen und Lehrer ihre Schülerinnen und Schüler über einen möglichst langen Zeitraum. So kennen sie die Persönlichkeit, die Stärken und Schwächen, die Wünsche und Träume der Kinder recht gut. Dies ermöglicht einen Blick auf deren Entwicklung und nicht auf einen momentan angesetzten „Leistungsstand“ eines Schülers oder einer Schülerin.
Teamschule
Um der anspruchsvollen Aufgabe des Lern- und Entwicklungsbegleiters und der Bereitstellung von unterschiedlichen Lernangeboten gerecht zu werden, arbeiten Lehrerinnen und Lehrer an IGS’sen zusammen als Team. Ein solches Team fühlt sich verantwortlich für einen Jahrgang, erarbeitet gemeinsam Unterrichtsmaterial und plant gemeinsame Aktivitäten. Die Lehrerinnen und Lehrer beraten sich fachlich und pädagogisch, um der großen Verantwortung für die Kinder ihrer Klasse gerecht zu werden.
Eltern
Eltern werden als Erziehungspartner und Teil der Schulgemeinde wahrgenommen. Mitarbeit und kritische Rückmeldungen sind erwünscht. Gerade die Kompetenzen der Eltern tragen zur Qualitätssicherung und Öffnung der Schule bei.
Schulabschlüsse
An der IGS werden alle Schulabschlüsse vergeben: der Berufsorientierte Abschluss (früher Abschluss der Förderschule), der Hauptschulabschluss, der Realschulabschluss und die Versetzung in die Eingangsstufe eines Gymnasiums.
Das Besondere für die Schülerinnen und Schüler an IGS’sen ist, dass im 9. Schuljahr alle die Hauptschulprüfung und im 10. Schuljahr alle die Realschulprüfung ablegen. Die erlangten Abschlüsse sind den Schülerinnen und Schülern „sicher“, auch wenn sie vielleicht sehr gute Noten haben und weiter auf eine gymnasiale Oberstufe gehen werden, um dort Abitur zu machen.
Dennoch haben sie mit diesen Abschlüssen eine Sicherheit, nicht nur mit dem Abschluss selbst, sondern vor allem durch das Durchleben der Prüfungssituation und das Ablegen von zwei Präsentationsprüfungen. Die Schülerinnen und Schüler haben lernen können, was für ein Prüfungstyp sie sind und dieses Wissen wird sie für künftige Prüfungssituationen sicherer machen.